Dharmander Singh spielt einen russischen Gewichtheber. An der Bühnenwand glitzern mit Alufolie umwickelte Papp-Buchstaben, „Cosmic Comedy“ steht dort. Je höher Singh seine imaginäre Hantel stemmt, umso lauter soll das Publikum klatschen. Singh müht sich, drückt seine Arme unter gespielter Anstrengung immer weiter in die Höhe. Er hat keine Angst, sich selbst ins Zentrum des Witzes zu stellen. Selbstironie gehört zum britischen Humor dazu. Die Zuschauer johlen und pfeifen, als er seine Arme nach oben reckt. Die Stimmung brodelt, alle sind bereit für den nächsten internationalen Comedian.
Singh und sein Kollege Neil Numb organisieren englischsprachige Comedy-Nächte in Berlin, bis zu sieben Mal pro Woche. Sie ziehen damit Touristen, Studierende und Langzeit-Berliner an – und schaffen eine lebendige Szene.
Singh, ursprünglich aus Birmingham, und Numb, Schotte aus Edinburgh, sind Teil einer britischen Community, die Berlin bereichert. Künstler, Wissenschaftler und Musiker haben hier ihr neues Zuhause gefunden. Rund 19.000 Briten leben derzeit in der Stadt. Viele entdecken hier eine Freiheit, die sie daheim nicht mehr ausleben können – ihnen ist die Stimmung auf der anderen Seite des Ärmelkanals zu engstirnig geworden. Besonders rechtspopulistische Politiker wie Boris Johnson oder Nigel Farage und Medien wie die „Sun“ haben den jungen Nomaden die Laune vermiest. Der drohende Brexit ist das Menetekel dafür.
Neil Numb steht im Backstage des Cosmic Comedy Club. Nur eine schmale Lederbank passt in das unverputzte Hinterzimmer, das auch als Lager dient. Ab und zu kommen Comedians herein, die Numb mit breitem, schottischen Akzent grüßt. Auf den Unterarm hat er eine mathematische Formel tätowiert, die Dirac-Gleichung. Numb ist ein Fan von Quantenphysik. Den Brexit hält er für Unsinn. „Ich habe schon vor Jahren damit aufgehört, Politikern zu vertrauen“, sagt er. Statt sich auf deren Agenda zu konzentrieren, sollten wir uns den größeren Problemen in der Welt zuwenden: zum Beispiel dem Plastikverbrauch. Auch bei Cosmic Comedy wollen sie umweltbewusster sein. Den Gratis-Schnaps, den Zuschauer zu ihren Tickets bekommen, servieren sie mittlerweile im Glas.